Sonntag, 10. November 2013

Dortmund - Essen


Schön lange geschlafen habe ich heute Morgen, ein wenig erschöpft bin ich wohl doch nach den vielen Eindrücken und den teilweise langen Wegen der vergangenen Wochen. 
Aber heute habe ich nochmals einen sehr schönen und interessanten Tag verlebt.


In Essen gibt es das Unesco Welterbe Zollverein in einer stillgelegten Zeche. Dort findet man das Ruhr Museum, das Red Dot Design Museum, Ausstellungen verschiedener Künstler, Cafés, Industriedenkmale und vieles mehr.
Das wollten wir besuchen.
Das Gelände war riesig, voller Fabrikhallen, Gleise, Treppen, Verbindungskorridore, überragt von einem imposanten Förderturm.
Wir wussten kaum, wo anfangen und ließen uns erst einmal treiben.


So gelangten wir zu einer Kunstausstellung verschiedener Künstler mit Fotografien, Gemälden, Siebdrucken und Zeichnungen. Die meisten fanden wir recht beeindruckend.


Diese lebhaften, fröhlichen und unvollständigen (?) Gemälde haben uns besonders gefallen. Als der dazugehörige Künstler plötzlich neben mir stand, konnte ich es mir nicht verkneifen, nachzufragen, ob die Bilder so jetzt fertig sind (hätte eine sehr interessante Wirkung zur Folge) oder ob der Rest auch noch farbig gestaltet werde.
Es war, als hätte der Mann nur auf eine Frage gewartet.
In aller Ausführlichkeit erzählte er von der Entstehung der einzelnen Bilder (bei Reisen ins Ausland fotografierte er sehr viel und fasste die wichtigsten Szenen auf seinen Bildern zusammen), von seinem Beruf als Lehrer (!), von seinen Hobbies, von Malerkollegen und seiner künstlerischen Arbeit. Und dass die Bilder so noch nicht fertig seien, dass ihn aber verschiedene Ereignisse davon abgehalten hätten, diese Reihe fertig zu stellen und dass der Rest noch etwa 100 Stunden Arbeit bedeute.
Er war kaum zu bremsen und auch, wenn seine Informationen sehr interessant waren, wollten wir doch noch etwas anderes sehen.
Nach etwa 30 Minuten wurden wir mit Handschlag entlassen und stießen direkt auf das Red  Dot Design Museum. Das wollte ich mir gerne anschauen.


In den alten, rostigen Werkshallen konnte man unzählige Produkte besichtigen, die in diesem Jahr eine Design - Auszeichnung erhalten hatten. Von Lampen über Stühle, Computer, Rucksäcke, Autos, Armaturen ........ bis hin zu Vibratoren (überdurchschnittlich oft vertreten) und Schreibgeräten gab es kaum etwas, was es nicht gab. In Verbindung mit den alten Maschinen und Rohren entstand jedenfalls ein faszinierender Kontrast.


Nachdem wir uns mit Kaffee und Kuchen gestärkt hatten, nahmen wir noch das Ruhr Museum in Angriff. Hier erfuhren wir einiges über das Leben im Ruhrpott früher und heute, über Kohle und Kohleförderung, über hier lebende Tiere, über Bergleute und Landschaft.


Am meisten beeindruckt hat mich allerdings der Blick vom Dach des Gebäudes. Die Mischung von Grünflächen, Häusern und Fabriken bei diesem fantastischen Licht war einfach nur genial!


Auch die Architektur im Inneren des Gebäudes war durch verschiedene Lichtinstallationen recht spannend. Das ist zum Beispiel der Blick ins Treppenhaus.


Trotz allem freue ich mich aber auch, morgen heim zu fahren, freue mich auf Claus, meine Familie, meine Freunde und Bekannten, mein eigenes Bett und die vertraute Umgebung.
Ich werde mich nächste Woche sicher nochmals an dieser Stelle melden, möchte mich aber jetzt schon einmal bei allen bedanken, die mich in Gedanken begleitet haben und hoffe, dass ihr meine Erlebnisse durch diesen Blog ein wenig miterleben konntet.


















Samstag, 9. November 2013

Lünen - Dortmund (14km)


Heute Morgen konnte ich mir dann bei Tageslicht anschauen, wo es mich hinverschlagen hatte und ich stellte fest, dass es außer meinem Hotel, einer 4-spurigen Straße und vielen Autos nichts als Gegend gab. Im Hellen fand ich auch schnell einen Weg abseits der Straße, so dass ich Abstand von den Autos hatte.


Das Licht war wunderbar, der Wind blies mir kräftig ins Gesicht und es sah nicht nach Regen aus.
Meinen Jakobsweg hatte ich bald wieder gefunden und so konnte ich recht flott ausschreiten, da ich in Dortmund ja mit meinem Sohn Florian verabredet war.


Ich überquerte wieder einmal die A1 und traf danach eine Frau und ihren (sehr braven) Hund, die viele Fragen zum Jakobsweg und meinen Erlebnissen hatte, so dass ich die nächsten Kilometer in angenehmer Begleitung verbrachte.
Kurz vor Dortmund durchquerte ich nochmals ein Naturschutzgebiet und wurde von einer etwas verquer angebrachten Markierung praktisch im Kreis geführt.
Nach kurzer Abstimmung mit Florian fanden wir einen geschickten Treffpunkt und wenig später hatte ich meinen Sohn als Begleiter                                         
Zügig marschierten wir Richtung Dortmund weiter.


Die Zeche Minister Stein ließen wir links liegen und erreichten bald die Innenstadt. In der St. Petri Kirche holte ich mir meinen letzten Pilgerstempel ab und hier beendete ich dann auch meine Fußreise auf dem Pilgerweg.


Es war nicht mehr weit bis zu Florians Wohnung.
Mich erwartete ein leckerer Salat, selbst gebackenes Brot und ein liebevoll gerichtetes Bett mit Betthupferl und Wasserflasche, ein richtig schönes Willkommen.


Zusammen haben wir uns noch den Rombergpark angeschaut, eine richtige Oase mitten in der Stadt.


Wir hatten uns viel zu erzählen, haben Bilder angeschaut und Erlebnisse ausgetauscht und waren abends ganz lecker chinesisch essen.
Der Spruch in meinem Glückskeks passte übrigens wie für mich ausgewählt:
"Du bist auf dem richtigen Weg, mach weiter."









Freitag, 8. November 2013

Werne - Lünen (24,5km)


Diese kleine Hundedame hat heute morgen mit mir gefrühstückt und mich nicht mehr aus den Augen gelassen, jetzt weiß ich, woher der Begriff "Dackelblick" kommt. Und ganz gewiss ist mir nicht ein Fizzelchen Schinken vom Teller gefallen, auch wenn es mir schwer fiel. Dafür gab es jede Menge Streicheleinheiten, das war dann auch recht.
in der Annahme, dass ich heute nur etwa 15 Kilometer zu gehen habe, bin ich erst kurz nach zehn los gelaufen. Ich habe mich sehr nett mit der Pensionswirtin und einem Gast unterhalten - und dann war da ja noch der Hund, von dem ich mich kaum trennen konnte.


Geregnet hat es zwar nicht, aber es war alles noch sehr nass.
In Werne bin ich ein wenig herumgebummelt, habe mir einen weiteren Stempel abgeholt und mir die "Wärmehäuschen" um die Kirche herum angeschaut. Dort konnten sich die Händler aufwärmen, wenn sie ihre Waren auf den Markt brachten.


Dieser Brunnen mit einer rollenden Kugel und einem rollenden Ring hat mir gefallen.


Nach Werne kam der landschaftlich schönste Teil des heutigen Tages. Der Weg führte durch ein Landschaftsschutzgebiet. Er war zwar sehr schlammig und rutschig und oft kaum zu sehen vor lauter Blättern, aber auch sehr romantisch an einem mäandernden Bächlein entlang.


Ich kam wieder an etlichen Wiesen und Weiden und auch den entsprechenden Tieren vorbei:
Einem Pferd mit wunderschön geflochtener Mähne,


Gänsen, die laut schreiend vor mir warnten,


und Ziegen.


Die Landschaft wurde wieder hügeliger und waldiger. 


Was hier aussieht, wie eine Windhose, war in Wirklichkeit ein Kraftwerk, dessen Schornstein sich hinter den Bäumen versteckte, so dass man nur die Dampfwolke sah.


Bald darauf kam ich am Schloss Cappenberg vorbei, das auf einer Bergnase über Lünen trohnt.
In der alten Kegelbahn befindet sich ein kleines Restaurant, das Gerichte aus Bioprodukten anbietet, unter anderem Kürbissuppe. Da konnte ich einfach nicht wiederstehen, zumal ich dachte, dass es bis zur Unterkunft nicht mehr weit sei, ich hatte ja schon 15 Kilometer hinter mir.


Es war auch wirklich sehr lecker, im Hintergrund spielte leise Piano-Musik und alles war sehr entspannt. Am liebsten wäre ich noch eine Weile sitzen geblieben, nur gut, dass ich es nicht getan habe!


Der Weg zog sich noch gewaltig, was ich ohne Karte, nur mit Hilfe meines Pilgerbüchleins vorher nicht so genau abschätzen konnte.


Vorbei an einem See ging es in die Innenstadt. Die Straßen zogen sich endlos, bevor ich im Stadtzentrum war.


Es war kurz nach fünf, begann leicht zu
regnen und vor allem wurde es langsam dunkel!


Da wusste ich noch nicht, dass ich wenig später genau durch diese Industrieansammlung laufen musste, Leider war es dann völlig dunkel, es gab keinen Gehweg und ich musste eine ganze Weile auf der Straße laufen. Ganz wohl war mir nicht dabei!
Endlich kam ich zur Dortmunder Straße, auf der lebhafter Verkehr herrschte.
Ich brauchte 5 Minuten, um mit Hilfe einer Ampel die Straße zu überqueren, nur um festzustellen, dass es dort keinen Gehweg gab, also wieder retour. Offensichtlich rechnet man an dieser Straße nicht mit Fußgängern.
Als ich um kurz nach sechs endlich vor meiner Unterkunft stand, war ich heilfroh und habe mir geschworen, nie mehr ohne Karte zu  laufen, auch wenn es nur ein oder zwei Etappen sind.


















Donnerstag, 7. November 2013

Rinkerode - Werne (24,6km)


Die ganze Nacht hat es geregnet, was so im warmen, trockenen Bett als Plätschern auf dem Dach sehr angenehm war.
Leider hat es aber heute Morgen nicht damit aufgehört.
Kurz habe ich überlegt, den Bus zu nehmen - aber so ein Weichei bin ich dann doch nicht! Also habe ich mich und meinen Rucksack so gut es ging wasserfest eingepackt - und die Sturmwarnung ignoriert. Es ging heute bis auf ein wirklich kurzes Stück nur über offene Landschaft, da würde wohl kein Baum umfallen.
Ich verließ meine überaus nette Unterkunft nach einem reichlichen Frühstück in Richtung Drensteinfurt. Windig war es kaum, aber es hat feste geregnet.


Die Landschaft war so, wie ich Westfalen in Erinnerung habe: Weit, leer, grün,sehr flach und - ok, sehr nass.
Viele Tiere habe ich heute wieder gesehen. am witzigsten finde ich die Fasane. Wir haben uns heute immer wieder gegenseitig erschreckt. Sie warten im Gesträuch, bis ich fast neben ihnen bin, kriegen dann wohl doch Angst und fliegen mit einem hubschrauberähnlichen Geräusch davon (manchmal direkt vor meiner Nase, viel höher schaffen sie es nicht). Kurz darauf landen sie in einer Wiese und rennen davon, das sieht total witzig aus


Obendrein habe ich noch viele Pferde, Schafe, Kühe, Enten, Gänse, zwei Esel und einen Ziegenbock gesehen und vermutlich die letzten Kraniche.


In Herbern, das überall die Muschel als Emblem an Häusern, Wegweisern und sogar im Kreisel befestigt hat, habe ich in der Kirche Rast gemacht und versucht, mich ein wenig trocken zu legen, mein rechter Schuh war drei Stunden dicht, mein linker vier. Ich hatte aber schon fast 5 Sunden hinter mir und noch etwa 2 vor mir. Auch die Regenjacke war inzwischen innen fast so nass wie außen.


Ein Café oder eine Kneipe gab es bisher auch nicht, nur einen Dönerstand und danach war mir zu der Zeit einfach nicht.


Nach Werne waren es noch etwa 10 Kilometer, das war machbar. 
Plötzlich lag mir allerdings ein rechtes Hindernis im Weg, eine Baumkrone war abgestürzt. Weder links (Bach) noch rechts (Weidezaun) ging es vorbei, also musste ich entweder drüber oder drunter durch.


Mit Rucksack war das gar nicht so einfach, obendrein waren die Äste sehr rutschig und glitschig.
Aber ich schaffte es dann doch ohne irgendwelche Blessuren, aber mit sehr neugierigen Zuschauerinnen.


Bisher führte der Weg über kleinere Straßen und asphaltierte Wege, was bei dem Dauerregen gar nicht schlecht war. Jetzt musste ich auf einem Feld-Wald - und Wiesenweg weiter gehen, das war recht abenteuerlich.


Ich hoffte immer nur, dass das Wasser nicht höher als mein Stiefelschaft war und dass ich im Matsch nicht ausrutschte.


Als ich dann an meiner Unterkunft (einem Bauernhof) ankam, öffnete niemand auf mein mehrmaliges Läuten. Da erschrecke ich immer ein wenig, weil es mir in dem Moment eigentlich reicht mit der Lauferei.
Zum Glück gibt es Handys! Eine sehr freundliche Frau schaute aus einem anderen Haus heraus, entschuldigte sich und meinte, ihr Sohn habe sie nicht informiert.
Sie zeigte mir ein sehr nettes, großes Zimmer und fragte mich, wo mein Auto stehe. 
Als ich ihr erklärte, dass ich den Jakobsweg laufe, konnte sie es kaum fassen und meinte, ich sähe gar nicht wie eine Pilgerin aus, die anderen kämen immer total fertig bei ihr an.
Sogar einen strammen Max bekam ich abends zum Essen, obwohl es eigentlich nur eine Frühstückspension ist. Aber ich hatte einfach keine Lust mehr, noch mal 3 Kilometer nach Werne rein zu laufen und habe nach einem Stück Brot gefragt - und erhielt gleich ein ganzes Abendessen - Super!
Gesellschaft leistete mir dabei eine kleine, verschmuste Dackeldame, das war ganz nach meinem Geschmack.













Mittwoch, 6. November 2013

Rinkerode - Versmold


Schon wieder Sturmwarnung für heute und für morgen gleich dazu, obendrein noch ordentlich Regen, das Wetter macht mir den Abschied vom Pilgern leicht, bei dem Wetter ist es nicht sehr spaßig.
Nach einigem Hin- und Herüberlegen beschloss ich heute Morgen, noch einen Tag länger in Rinkerode zu bleiben und noch mal alleine nach Versmold zu fahren (meine Geburtsstadt) und nach alten Erinnerungen zu suchen. Immerhin hatte ich während  meiner Schulzeit fast sämtliche Sommerferien dort bei meinen Großeltern verlebt.
Mit Bahn und Bus war das kein Hexenwerk, in kaum 2 Stunden konnte ich dort sein. Und genau wie früher, wenn ich mit meinen Eltern dort hin fuhr, wurde ich immer aufgeregter, je näher ich der Stadt kam. Zwar hatte sich viel verändert, aber etliche Häuser und Wege habe ich sofort wiedererkannt, zum Beispiel die Kirche.


Die Stadt ist größer geworden, die Geschäfte moderner, aber die Landschaft drumherum ist immer noch die gleiche, topfeben, viele Wiesen, einige große Höfe mit Milchvieh, die Wege gesäumt von Birken, Weiden und Pappeln, der Boden dunkel und sandig.


Dann habe ich das Haus meiner Großeltern (beide schon etliche Jahre tot) gesucht und gefunden. Im Zimmer oben rechts bin ich geboren (ich war noch eine Hausgeburt).


Am meisten habe ich mich aber gefreut, dass mein "Wäldchen" noch existiert, eine Ansammlung von vielleicht 20 - 30 größeren Bäumen neben dem Haus meiner Großeltern, die für mich als Kind ein großer, wilder Wald und ein wunderbarer Spielplatz waren, zumal auch noch ein Bach hindurchfloss und sich etliche Hühner darin herum trieben.


Ich glaube, hier habe ich mit die schönsten Tage meiner Kindheit verlebt, vielleicht kommt daher meine Liebe zum Wald?
Apropos Liebe, nach einigem Suchen (und der Gefahr nasser Füße, da sich der dazugehörige Baum direkt am Bach befindet) fand ich doch noch die Inschrift, die heute noch von meiner ersten Liebe zeugt:


Mein Mädchenname begann mit T!
Als ich lange genug in Erinnerungen geschwelgt hatte, fuhr ich zurück nach Gütersloh und bummelte dort noch ein wenig durch die Innenstadt.
Besonders der Kirchplatz mit seinen schönen Fachwerkhäusern gefiel mir.


Leider hatte der Zug, mit dem ich nach Rinkerode weiter fahren wollte, Verspätung, so dass mir der Anschlusszug in Hamm vor der Nase davon fuhr.
Dafür konnte ich mich noch ein bisschen vor dem Bahnhof umschauen und entdeckte dieses tolle Bauwerk mit ständig wechselnder Beleuchtung.


Jetzt liege ich gemütlich im Bett, der Regen prasselt aufs Dach, ich habe wieder einen aufregenden und schönen Tag verbracht und hoffe, dass es bis morgen aufhört zu regnen - aber die Chancen stehen schlecht!