Montag, 21. Oktober 2013

Barrien - Harpstedt (26km)


Einen sehr schönen Wandertag habe ich heute wieder erlebt, wenn auch mit einigen Überraschungen.
Fast die ganze Nacht hat ein heftiges Unwetter getobt (habe ich mir sagen lassen, denn ich habe prima geschlafen), aber heute Morgen war der Spuk vorbei, es war nur noch recht nass.
Obwohl die Pension bisher die preiswerteste war, fehlte es beim Frühstück an nichts, sogar ein weiches Ei stand am Teller, eine Kerze brannte, alles war sehr liebevoll gerichtet.
Wenn ich da an die teure Unterkunft in Bremen denke: Selbst um einen Teller musste man bitten, nachdem alle verbraucht waren, ganz zu schweigen von der leeren Saftkaraffe bzw. dem fehlenden Rührei, der leeren Wurstplatte, dem Kaffee, der erst kam, als ich mit dem Frühstück fast fertig war....Und eigentlich bin ich nicht kleinlich, aber das war denn doch ein bisschen viel, so dass ich ausnahmsweise auch mal eine Bewertung für ein Hotel abgegeben habe - keine gute!


Zunächst habe ich mir in Barrien die St. Bartholomäus-Kirche angeschaut, die hatte ich gestern ja ausgelassen. Leider war mir das wieder nur von außen möglich, da sie abgeschlossen war, also gabs wieder keinen Pilgerstempel. Vorbei an der Wassermühle gelangte ich an die Straße Richtung Gessel, folgte ihr ein Stück und war dann doch recht verunsichert. Während die Markierung Richtung Syke zeigte beschrieb mein Buch den Weg etwa 5km an der Kreisstraße entlang. Was sollte ich tun? 
Ich folgte der Markierung, weil sie ganz neu (von 2013) war und ich vermutete, dass hier ein reizvollerer Weg als entlang der vielbefahrenen Kreisstraße ausgeschildert worden sei. Allerdings wich dieser Weg um fast 90 Grad vom eigentlichen Weg ab, das machte mich schon etwas stutzig. 
Auf einer Karte am  Wegand konnte ich aber erkennen, dass prinzipiell schon noch ein Weg in die richtige Richtung abzweigen konnte, zumal Bahnlinien dazwischen lagen.
Als ich dann nach etwa 3 Kilometern in Syke vor der Kirche stand und der Weg wieder in genau die Richtung führte, aus der ich kam, nur um etwa 500  Meter versetzt, war ich etwas entnervt. Normalerweise führen Jakobswege immer ziemlich geradlinig auf ihr Ziel, Santiago de Compostella, zu. So einen Umweg habe ich noch nie ausgeschildert erlebt. Im Endeffekt hat dieser Abstecher nach Syke 6 Kilometer mehr bedeutet.
Der anschließende Weg verbesserte meine Laune aber zusehends. Zuerst erstieg ich den "Hohen Berg", eigentlich ein kleiner Hügel, keine 100m hoch, aber mit einer schönen Aussicht bis nach Bremen.


Anschließend verlief der Weg durch eine hügelige Landschaft, vorbei an abgeernteten Feldern, meist Mais, durch schöne Wälder und durch einige kleine Dörfer mit vielen Backsteinhäusern.


Diese neugierigen Puten kamen plötzlich im Galopp auf mich zugerannt und es wurden immer mehr, da war ich doch froh, dass uns ein Zaun trennte. Offensichtlich freuen sich selbst die Tiere über eine vorbei ziehende Wandersfrau.


Eine Weile später kam ich an einem sehr schönen, alten, renoviertem Bauernhaus mit etlichen Kunstwerken im Garten vorbei. Dabei entdeckte ich dieses Schild:


Das kam mir gerade recht, nach Harpstedt war es nicht mehr sehr weit und einen rechten Kaffeedurst hatte ich auch.
Ich folgte also dem Pfeil, traf noch auf ein Schild "Heute geöffnet" und weitere Kunstwerke,


fand aber weder weitere Gäste noch einen richtigen Eingang, nur eine Haustür mit einer Klingel und einem Pfeil "Hier klingeln".
Das tat ich dann auch. Es dauerte eine Weile, dann streckte ein Herr, irgendwo zwischen 70 und 80 Jahren, etwas verwundert seinen Kopf heraus und meinte:"Ach, eine Pilgerin." Ich erklärte ihm, dass ich das Schild gesehen hätte und auch sofort einen großen Kaffeedurst verspürt hätte.
Da lachte er, meinte, eigentlich wäre nur am Wochenende auf und das Schild habe er einfach vergessen, aber ein Pilger bekäme natürlich immer etwas. Das war mir jetzt ein wenig unangenehm, aber er strahlte mich so an, dass ich mich wirklich willkommen fühlte und so folgte ich ihm in sein Haus.
Da staunte ich aber nicht schlecht: Alle Wände hingen voll mit Bildern, realistische und abstrakte, farbige und schwarz-weiße, außerdem gab es noch viele Kunstwerke aus Ton. Im ganzen Haus gab es etwas zu entdecken und es war sehr liebevoll eingerichtet.
Mit einem Riesenpott Kaffee und einem Stück Kuchen kam der Hausherr zurück und es entwickelte sich ein sehr nettes und intensives Gespräch.
Er war Maler (und kein schlechter, so weit ich das beurteilen kann), das Haus hatte er in mühsamer Arbeit über 12 Jahre mit seiner Familie selbst renoviert.
Er erzählte, wie er seinen Traum wahrgemacht hat und sechs Wochen durch Australien gezogen ist, von seiner Frau, die vor sieben Jahren gestorben ist und mit der er 50 Jahre verheiratet war. Wir tauschten uns über Malerei und Pilgerei aus und die Zeit verging wie im Fluge. Dieser Mann strahlte eine unglaubliche Kraft und Ruhe aus und eine ganz schöne Portion Optimismus.
Erst nach über einer Stunde verabschiedete ich mich, beleitet  von den besten Wünschen und der Bitte, auf jeden Fall vorbei zu kommen, wenn ich mal wieder in der Nähe sei. 












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