Montag, 14. Oktober 2013

Wedel - Harsefeld (23,7km)


Heute war ein recht spezieller Tag, mit vielen schönen, aber auch einigen weniger schönen Momenten.
Zunächst habe ich meine Unterkunft etwas genauer in Augenschein genommen, dazu war ich gestern Abend einfach zu müde (war auch gut so, wer weiß, ob ich sonst so gut geschlafen hätte).
Sowohl die Toiletten als auch die (Gemeinschafts-)Duschen waren derartig verdreckt, dass es mich gegraust hat und ich habe Campingplatz-Erfahrung!
Nur gut, dass ich in der Sauna war, da hatte sich das Duschproblem schon erledigt!
Um meine Fähre zu erreichen musste ich heute beizeiten los, ich wollte mir ja auch noch einen Kaffee und was zu beißen holen.
Am Ende musste ich mich doch noch sputen, weil es unendlich lange gedauert hat, einen Kaffee in einen Becher zu gießen und zu kassieren.
Am Fähranleger wartete meine Fähre schon und ich wurde noch Zeuge einer netten Besonderheit hier am Anleger.


Eine in der Welt einmalige Begrüßungsanlage, das "Willkommhöft" begrüßt jedes vorbeikommende Schiff mit mehr als 1000 BRT über Lautsprecher mit seiner Nationalhymne und nennt auch einige Daten zum Schiff selbst.
Meine Fähre wurde natürlich nicht begrüßt, die war ja viel zu klein.
Kaum 20 Minuten später, inzwischen durch meinen Coffee to go und ein grauslig süßes "Apfelbrötchen" gestärkt, kam ich in Grünendeich an. Ich war im Übrigen der einzige Fährgast!


Die nächsten Kilometer wanderte ich auf einem Deich neben der Lühe, einem Fluss, auf dem früher die Bauern ihr Obst nach Hamburg gebracht haben. Das "Alte Land", so nennt man die Gegend, ist schon seit altersher für seinen Obstanbau bekannt. Ständig kurvten riesige LKWs mit Obsttransporten durch die Gegend. Das störte mich aber wenig auf meinem Deich, der sich ganz anders als die Deiche der Ostsee, die kilometerlang geradeaus führen, parallel zur Lühe durch die Gegend schlängelte.


Neben dem Deich standen viele schöne Backsteinhäuser, alte Katen und frisch renovierte Häuser, oft mit einem sehr liebevoll gestalteten Garten.


Besonders haben es mir die Bauernhäuser aus Backstein angetan, die oft erst vor kurzem sehr schön renoviert worden sind.


Leider spürte ich auch heute meine Hüfte und war am Anfang auch recht langsam, so dass ich lange Zeit brauchte, um Horneburg, etwa die Hälfte der heutigen Etappe, zu erreichen. Da war es dann eigentlich schon Mittagszeit. Ich schaute mich im Ort um und entdeckte ein Gasthaus, das als Mittagstisch Eier in Senfsauce anbot, zu einem vernünftigen Preis. Außerdem konnte man dort wunderbar im Freien in der Sonne sitzen.
Ich musste zwar eine Weile warten, weil der Koch noch nicht da war, bekam dann aber eine riesige Portion. Und als ich die dann beinahe geschafft hatte, brachte die Kellnerin noch mal eine Schale mit Sauce und zwei Eiern und ich gestehe - die hab ich auch noch verputzt und hinterher noch den Schokoladenpudding! Dann hätte ich den restlichen Weg fast rollend zurück legen können. Vermutlich bekommt man als Pilger einfach größere Portionen.
Eine ältere Dame sprach mich noch an, fragte nach dem Woher und Wohin und erklärte, sie sei auch schon über die Via Baltica gelaufen und habe nur gute Erfahrungen gemacht, besonders wenn sie, wie ich, alleine gelaufen sei.
Sie erklärte mir noch, wo ich einen Pilgerstempel bekommen könne und wünschte mir einen guten Weg.
Pilgerstempel zu bekommen ist gar nicht so einfach, die Kirchen sind abgeschlossen und den Pfarrer rausklingeln wegen eines Stempels möchte ich eigentlich nicht.
Trotzdem sollten immer wieder neue Stempel in den Pilgerausweis kommen, die nachweisen, dass man tatsächlich läuft, weil man nur mit Pass einige Vergünstigungen und im Notfall eine Pilgerunterkunft in der Kirche erhält.


Von jetzt an führte der Weg weitgehend durch Felder, Wälder und Wiesen, vorbei an Hügelgräbern (hätte es nicht neben dran gestanden, hätte ich nur einen Hügel gesehen) und einem Schweinezuchtbetrieb mit herzallerliebsten Ferkeln.


Auf einem riesigen Gebiet standen Dutzende von Hütten und zu jeder Hütte gehörte eine trächtige Sau oder eine Muttersau mit ihren Jungen. Manche Muttersau hatte 12 Ferkel dabei! Ich konnte mich kaum trennen, es war einfach zu nett, den Ferkeln zuzuschauen, wie sie im Schweinsgalopp über die Wiese sausten.


Das Wetter wurde immer besser, mir tat nichts mehr weh und ich war neugierig auf meine Unterkunft, vermutlich ein Privatzimmer.


Kurz vor Harsefeld querte ich nochmals ein Naturschutzgebiet und dann tauchte plötzlich das Ortsschild auf. Trotzdem zog sich der Ort noch ewig an der Straße lang, bis das eigentliche Zentrum begann.
Als ich das Haus gefunden hatte, in dem ich heute Nacht schlafen sollte, wusste ich nicht so recht, ob ich jetzt begeistert oder besorgt sein sollte, es war ein recht neues Einfamilienhaus mitten im Wohngebiet. Das bedeutete wohl ein Zimmer mit Familienanschluss und ohne eigenes Bad.
Ich klingelte - und nichts geschah! Auch beim zweiten und dritten Klingeln das Gleiche.
Ich versuchte es mit Anrufen - niemand ging ans Telefon!
Nach 20 Minuten wurde es mir dann zu dumm und ich telefonierte mit dem nächsten, auch im "Pilgerbüchle" empfohlenen Hotel. Die schienen sich richtig auf mich zu freuen!
Und so war es auch, ich wurde äußerst freundlich gleich von 3 Personen und einem Hund empfangen, habe ein schönes Zimmer (und ein eigenes Bad!) und bekam nach Vorlage meines Pilgerausweises einen ordentlichen Rabatt und ein "Pilgerzimmer" (mit Muschel an der Tür, Freigetränk, WLan, Pflegeprodukten, dafür kleiner und ohne schöne Aussicht, aber das bin ich bei Einzelzimmern ja schon gewöhnt).
Also, wieder Glück gehabt!
Die Vermieterin der anderen Unterkunft hat übrigens noch angerufen: Sie sei mit ihrer Enkelin im Garten gewesen.
Telefonisch hatten wir einen Tag vorher vereinbart, dass ich zwischen vier und fünf käme.....






Keine Kommentare:

Kommentar veröffentlichen