Mittwoch, 16. Oktober 2013

Zeven - Otterstedt (25,7km)


Heute morgen bin ich seit langem einmal wieder von meinem Wecker geweckt worden, wenn ich laufe wache ich meist schon vorm Klingeln auf. Wohl ein Zeichen, dass mir die gestrige Tour doch noch etwas in den Knochen sitzt, ich bin auch ganz schön rumgeeiert.
Beim Frühstück hat mich der Wirt in ein längeres Gespräch verwickelt, wobei ich auch erfahren habe, dass dieses Jahr bereits 200-300 Pilger bei ihm übernachtet haben, ich konnte es kaum glauben.


Vom Wegeverlauf war es heute wesentlich angenehmer als gestern. Den Einstieg hatte ich nach den Erfahrungen von gestern bereits abends erkundet und so konnte ich gleich durchstarten.
Bei leicht diesigem Wetter ging es zunächst durch verträumte, urwüchsige Landschaft, Wiesen, Stoppelfelder und Moor, dazwischen einige Gehöfte, meist mit Kühen oder Schweinen, schöne, alte Backsteinhäuser.


Wie in den letzten Tagen so oft konnte ich äsende Rehe beobachten, die aber immer wieder sehr elegant und mit riesigen Sätzen vor mir flohen.
Ganz besonders lustig fand ich eine Gruppe von etwa zehn Enten, die mit hochgereckten Schnäbeln im Gänsemarsch über eine Straße marschierten und schnurstracks auf einen Gasthof zuhielten, um dann über seinen Parkplatz im dahinterliegenden Teich zu landen. Herrlich!
Auch mit Hunden und Katzen hatte ich bisher nur freundliche Begegnungen, besonders Hunde mögen mich wohl (vielleicht rieche ich aber auch nur interessant), wenn Herrchen oder Frauchen es zulassen oder die Hunde allein sind, kommen sie meist, schnuppern ein bisschen an mir und schlecken mir liebevoll die Hand.


Dieses nette Mädchen wäre am liebsten auch über den Zaun geklettert und konnte es kaum glauben, dass ich irgendwann weiter musste und ihm nicht mehr die Ohren kraulen konnte (ich gebs zu, am liebsten hätte ich sie mitgenommen).


Aber auch netten Menschen begegne ich immer wieder, zumindest außerhalb der großen Städte, so wie heute auf dem Land.
Ein paar Beispiele:
Ein Mann mittleren Alters hält seinen Traktor an, steigt runter und kommt auf mich zu. Es entwickelt sich folgendes Gespräch:
"Gehen Sie den Jakobsweg?"
"Ja."
"Kennen Sie das Buch vom Harpe? Ist es wirklich so schön?"
"Noch schöner!"
"Neeee!"
Und dann erzählt er mir, dass seine Tochter auch schon von Frankreich nach Santiago gelaufen ist und er ja auch gern mal....aber sein Hof!
Und wie das mit den Markierungen ist, ob man sich gut zurecht findet, wie schwer mein Rucksack ist....
und nach zehn Minuten sitzt er wieder strahlend auf seinem Traktor und winkt mir hinterher.
Ein junger Mann (keine dreißig) an der Rezeption eines Hotels:"Sie sind wirklich schon über 500 Kilometer gelaufen? Sie sehen noch so frisch aus." Tja, frische Luft hält eben frisch.
Heute bin ich einem bereits etwas betagten Herrn (91 Jahre) begegnet, der in seinem Blaumann wohl gerade vom Acker kam, noch rüstig und mit funkelnden Augen, der mich auch gleich auf meinen Rucksack ansprach und von dem ich in der nächsten halben Stunde beinahe sein ganzes Leben erzählt bekam, vor allem seine Kriegserlebnisse beschäftigen ihn wohl noch immer.


Meist bin ich heute über angenehme Feld- und Wiesenwege gelaufen, selten über Straßen und einen Kilometer durch Morast.


Ich hatte eine helle Hose an.....


Massenhaft Pilze gibt es zur Zeit und nicht nur giftige, aber der macht sich einfach besonders gut auf dem Foto!
Nachdem es auf dem ganzen Weg heute kein Café und keine Kneipe und auch keinen Laden gab, habe ich mich ganz besonders auf mein Abendessen im einzigen hiesigen Gasthaus gefreut, das recht gut sein soll. Vorsichtshalber hatte ich heute Morgen noch nachgeschaut, ob auch kein Ruhetag ist - alles in Ordnung. So habe ich auch nicht extra Proviant mitgenommen, einen Wandertag halte ich gut durch, aber dann muss ich ordentlich essen.
Also habe ich schnell meine total verdreckte Hose gewaschen und habe mich, inzwischen schon recht hungrig, wieder auf die Socken gemacht. Das Lokal liegt etwa 3 Kilometer von meiner Unterkunft entfernt. Als ich endlich davor stand (wenn man hungrig ist, können sich auch 3 Kilometer ziemlich ziehen) und mir die Speisekarte anschauen wollte, traf mich bald der Schlag: 
Wegen Renovierungsarbeiten vom 14.10. bis ?? geschlossen. 
Und ich hatte doch solchen Hunger!!
Frustriert trottete ich wieder zurück, wollte aber noch in einer Tankstelle im Ort nach etwas Essbarem schauen.
Da stieg mir ein herrlicher Duft in die Nase: Nach der nächsten Kurve stand da abends, kurz vor sieben, ein Verkaufsstand mit gegrillten Hähnchen!
Zufall? Glück? Gott oder Göttin oder einfach Jakobsweg?
Ich hätte den jungen Mann, der mir ein halbes Hähnchen mit Kartoffelsalat verkauft hat, umarmen können!
In der Tankstelle kaufte ich noch ein Bier (nur am Rande: außer Chips und Süßigkeiten gab es dort nichts Essbares) und genoss dieses Festmahl in meinem Zimmer (auch nur am Rande: in meinem Zimmer gibt es eine Küchenzeile mit Besteck, Tellern und Gläsern, so konnte ich sogar einigermaßen stilvoll essen).









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