Dienstag, 1. Oktober 2013

Schloss Schwansee - Schönberg (24,4km)

 

Erneut weckte mich heute Morgen strahlender Sonnenschein, ich habe ein fast unglauliches Glück mit dem Wetter. Bisher hat es nur an einem einzigen Wandertag richtig geregnet.
Nach einem leckeren Frühstück vom reichhaltigen Buffet konnte ich mir auch mein Luxuszimmer erklären:
Im Hotel fand eine Tagung von e.on statt, lauter sehr wichtig aussehende Herren in schwarzen Anzügen und Damen in Businesskostümen, jeweils bestückt mit einer Laptoptasche, bevölkerten den Frühstücksraum - und ich dazwischen in meinem Wanderoutfit - war schon lustig!
Die "Buffetmamsell" nahm mich dann auch zur Seite und zeigte mir dezent einen etwas versteckten, ruhigeren Tisch, den ich dankbar annahm.
Vermutlich waren die "normalen" Zimmer des Hotels alle durch diese Tagung belegt, so dass ich ein "Upgrade" bekommen habe. 
Mich hats gefreut und ich habe es genossen!


Etwas wehmütig bin ich dann nochmals eine Weile am Strand Richtung Travemünde gelaufen. Viele wilde Schwäne haben sich im Wasser getummelt und sich von der Sonne wärmen lassen.
Etwa 10 Kilometer vor Travemünde, das Maritim-Hochhaus war schon gut zu sehen, hieß es dann endgültig Abschied nehmen von der Ostsee.


Jetzt befand ich mich auf dem Zwischenstück vom Ostseestrand nach Schönberg, das den Ostseeküstenwanderweg mit dem Jakobsweg verbindet. Kleine Anekdote am Rande:
Als Vorspeise gab es gestern Abend Jakobsmuscheln an einer Sanddornsauce, besser hätte man die beiden Wege beim Kochen doch nicht zusammen bringen können!


Alleen wechselten sich ab mit riesigen Feldern und kleinen Dörfern. Insgesamt wurde die Gegend hügeliger, immer wieder standen alte Bäume in den Feldern oder lagen große Findlinge am Rand.


Der nächste größere Ort war Dassow, hier wollte ich auch einkehren oder mir zumindest etwas zum Essen kaufen, da ich gelesen hatte, dass es in ganz Schönberg kein Gasthaus und keinen Lebensmittelladen gibt.


Die Kirche hatte ich schnell gefunden, aber das Gasthaus hatte dienstags zu und der Bäcker machte erst um zwei wieder auf, so lange wollte ich nicht warten. Ich hoffte einfach, zwischendurch noch irgendwo was Essbares zu finden.
Und es ist kaum zu glauben, kurze Zeit später fuhr ein Lieferwagen mit Metzgerreklame laut hupend an mir vorbei, um wenige Meter später anzuhalten. Die Seitenklappe wurde geöffnet und der Wagen entpuppte sich als rollender Verkaufsstand für Wurst- und Fleischwaren!
Bis ich mich von meiner Verblüffung erholt hatte, standen schon einige ältere Damen an, kauften fleißig ein und ließen sich auch ihr Schwätzchen nicht nehmen.
Wenig später stand ich ganz glücklich mit einer deftigen, gut gewürzten, warmen Linsensuppe mit ordentlich Fleisch am Straßenrand und hatte sogar noch einen Löffel spendiert bekommen!


An Zufälle mag ich schon fast nicht mehr glauben!
Satt und zufrieden nahm ich die letzten 10 Kilometer in Angriff.
Zunächst ging es durch eine Moorlandschaft, die sich viele Kilometer neben einem alten Bahndamm hinzog.


Stellenweise soll das Moor hier bis zu 12m tief sein, eine gruselige Vorstellung, sich da zu verirren!
Menschen gab es weit und breit keine, aber plötzlich standen 4 Rehe so nah vor mir, dass ich sie fast hätte streicheln können. Wer mehr erschrocken ist, die Rehe oder ich, kann ich schlecht beurteilen, mit riesigen Sprüngen sind sie davon gejagt!


Kurz darauf entdeckte ich diese faszinierende Spiegelung im Wasser, leider wirkt sie als Foto lange nicht so gut wie in der Realität.
Meine Unterkunft in Schönberg habe ich schnell gefunden (so groß ist der Ort auch nicht), die sehr nette Pensionswirtin hat mir noch 2 Stücke Kuchen geholt, einen Kaffee gekocht und ein kaltes Bier und Sprite samt Glas zur Verfügung gestellt für ein Alsterwasser (oder auch zwei), ich bin also richtig verwöhnt worden!
Nachdem ich den Ostseeküstenwanderweg jetzt verlassen habe, ist vielleicht der richtige Zeitpunkt für ein kleines Résumé:
Ich bin 430 Kilometer fast ausschließlich an der Ostseeküste entlang gelaufen. Landschaftlich ist diese Gegend für mich so ziemlich die reizvollste Deutschlands, sie ist kraftvoll, ursprünglich, oft sehr einsam. Es gibt einige schöne, alte, lebendige Städte in ihrem Verlauf und nur wenige "Touristenhochburgen".
Mit dem Wetter hatte ich riesiges Glück, der Wind hat meist alle Wolken weg geblasen. 
Die Menschen sind freundlich und hilfsbereit, warten aber, bis man auf sie zukommt, einige wenige wünschen sich die Sicherheit des Sozialismus zurück - ohne auf die Annehmlichkeiten des Kapitalismus und ihre Freiheit verzichten zu wollen.
Ich habe die 430 Kilometer ohne nennenswerte Probleme meines Körpers (eine Blase in Hüfthöhe vom Rucksackgurt) und meiner Psyche (leichte "Depression" in Stahlbrode, in dieser unsäglichen Pension, etwas Angst in Pruchten, im nassen Zelt, keine Unterkunft in Prerow zu bekommen) geschafft, habe im Gegenteil sehr viele positive Erfahrungen gemacht und über etliche Zufälle (?) nur noch gestaunt.
Die Wegmarkierung war schlecht bis nicht vorhanden, mit Hilfe meines technischen Equipments (Google sei Dank) aber kein größeres Problem, zumal Meer rechts, Sonne links ja nicht allzu schwierig ist.
Essen war (bis auf einen wohl verdorbenen Fisch) reichlich, deftig und im Allgemeinen preiswert, außerdem kein Problem auf dem Weg, spätestens am nächsten Hafen gabs sicher Räucherfisch oder im nächsten Seebad ein Café, das wird jetzt wohl schwieriger.
Die Unterkünfte waren meist ordentlich und preislich angemessen, die 2 oder 3 Ausnahmen habe ich in meinen Berichten ja bereits erwähnt.
Und jetzt bin ich gespannt auf den morgen beginnenden Jakobsweg.










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